Das zweite TV-Duell zwischen Hillary Clinton und Donald Trump war ein Tiefpunkt mit Vorankündigung. Schon vor der Debatte war klar, dass Trump jene Missbrauchsvorwürfe gegen Hillarys Ehemann Bill Clinton thematisieren würde, die bereits in den 1990er-Jahren die US-Öffentlichkeit beschäftigt haben. Und immerhin diesem Versprechen blieb er treu.
Trumps Taktik ging auf. Clinton ließ sich von seinen Attacken dazu hinreißen, auf Trumps Untergriffe in einer ähnlichen Manier zu reagieren. Damit gab sie jene – deutlich souveränere – Rolle auf, durch die sie die erste TV-Debatte klar für sich entschieden hatte. Diese Muster haben wir so ähnlich bereits im diesjährigen österreichischen Bundespräsidentschaftswahlkampf erlebt: Kann ein Rechtspopulist eine Diskussion nicht gewinnen, dann zerstört er sie – und feiert das 0:0 danach als Überraschungserfolg, schließlich hat er sein Gegenüber wirksam nach unten gezogen. Wobei man schon anmerken sollte: Das Niveau der gestrigen Debatte lag immer noch über so manchen Diskussionen, die wir in Österreich so zu sehen bekommen.
Trump war zwar angriffiger als bei der ersten Diskussion mit Clinton, aber nicht so blindwütig, wie es angesichts seiner Vorankündigungen und des eher angeschlagenen Zustands seiner Kampagne erwartet worden war. Insofern hat er die Erwartungshaltungen des Publikums tatsächlich übertroffen – wenngleich auf einem niedrigen Niveau. Clinton hingegen dürfte ersten Blitzumfragen zufolge die besseren Gesamtnoten für ihre Performance bekommen, dabei aber eher unter den Erwartungen des Publikums liegen.
In Summe hat Trump also zwei wichtige Ziele erreicht: Er hat die Implosion seiner Kampagne vorerst gestoppt. Und solche Nebensächlichkeiten wie Themen oder Inhalte dürften in der Schlussphase des Wahlkampfs eher in den Hintergrund treten. Ausgerechnet Bill Clintons Verfehlungen zu einem Teil seiner Verteidigungsstrategie zu machen, könnte aber noch zu einem Bumerang für Trump werden. Denn es erinnert die Republikaner daran, welche moralischen Standards sie damals an das Amt des US-Präsidenten angelegt haben. Und es ist wohl nicht davon auszugehen, dass es in diesem Wahlkampf keine Enthüllungen mehr zum Verhalten des republikanischen Präsidentschaftskandidaten gegenüber Frauen geben wird …