Man erkennt es zuerst an der Fernsehwerbung. Wenn kurz nach dem Superbowl Anfang Februar die Dichte an HR Block und TurboTax Werbungen deutlich zunimmt, erinnert sich die durchschnittliche Amerikanerin: Es ist Tax Season. Am 15. April jeden Jahres* müssen AmerikanerInnen ihr Steuererklärung abgeben.
Steuern gehören zur Origin Story des Landes. Die Amerikanische Revolution begann mit der Boston Tea Party, die sich explizit gegen die Besteuerung der Kolonien durch die BritInnen wandte. Die Forderung „No Taxation without Representation“ ist noch immer das Statemotto auf den Nummerntafeln von Autos in der Bundeshauptstadt – ein wenig aus Nostalgie, vor allem aus dem einfachen Grund, dass BürgerInnen in DC voll steuerpflichtig sind, ohne Vertretung im Senat oder im Repräsentantenhaus zu haben. Erst seit 1961 dürfen sie an der Präsidentschaftswahl teilnehmen.
Steuern und Steuerreform sind seit jeher Thema bei Präsidentschaftswahlen. „Read my lips, no new taxes“ rief George H. W. Bush 1988 in die Menge des Republikanischen Wahlparteitags; vor 4 Jahren dominierte Herman Cain mit seinem 9-9-9 Tax Plan den Vorwahlkampf und Romney’s Taxplan wurde im Hauptwahlkampf Gegenstand hitziger Diskussionen, weil er behauptete $5 trillion Dollar einsparen zu können, ohne Steuern anzuheben. Im Allgemeinen fallen Republikanische KandidatInnen meistens dadurch auf, dass sie – meist völlig unrealistische – Steuersenkungen versprechen und DemokratInnen drücken sich um das Thema: Im politischen Spektrum Amerikas ist niemand wirklich für Steuern, die DemokratInnen halt ein bisschen weniger gegen Steuern.
Steuererhöhungen zu planen und trotzdem nicht mit nassen Fetzen aus dem Wahlkampf gejagt zu werden, das gelingt nur einem: Bernie Sanders verspricht steuerfinanzierten Hochschulzugang, Gesundheitsversorgung und andere Dinge der allgemeinen Daseinsvorsorge, die in Europa nicht ganz so revolutionär sind. Und er hat auch einen Plan es zu finanzieren. Nicht nur die „Millionairs and Billionaires“ die er in seinen Reden kasteit, sondern fast allen Einkommensschichten verspricht Sanders eine Steuererhöhung.
Gemeinsam mit dem Tax Policy Center hat das immer wieder empfehlenswerte, policy orientierte Medium Vox.com einen Steuerrechner veröffentlicht, mit dessen Hilfe sich errechnen lässt, wie viel mehr oder weniger Steuern man unter unterschiedlichen KandidatInnenversprechen zu zahlen hätte.
Auf Republikanischer Seite zeigen sich – überraschend höchstens in ihrem Ausmaß – Steuerkürzungen von unrealistischem Proportionen. Die Ergebnisse auf Demokratische Seite sind wesentlich spannender, denn sie quantifizieren einen grundsätzlichen Unterschied zwischen Clinton und Sanders. Clinton’s Steuerplan ist konservativ, mit leichten Erhöhungen für Besserverdienende und leichten Senkungen für die untere Mittelschicht. Sanders‘ Plan ist revolutionär und implementiert ein echtes progressives Steuersystem mit Höchstsätzen von 65%. Selbst ein Alleinerzieher mit $1200/Monat würde deutlich mehr Steuern zahlen als bisher (und natürlich auch mehr Dienstleistungen bekommen).
Zum selbst ausprobieren und rumspielen:
VOX.COM: This simple calculator tells you how each presidential candidate’s tax plan affects you
*weil das dieses Jahr ein Feiertag in DC ist, verschiebt er sich auf den 18.4.